Christian Tetzlaff ist seit Jahren einer der gefragtesten Geiger und spannendsten Musiker der Klassikwelt. Im Mai 2015 schrieb The Guardian nach seinem Beethoven-Violinkonzert mit dem London Symphony Orchestra unter Daniel Harding: „The greatest performance of the work I’ve ever heard“.
Konzerte mit Christian Tetzlaff werden oft zu einer existenziellen Erfahrung für Interpret und Publikum gleichermaßen, altvertraute Stücke erscheinen plötzlich in völlig neuem Licht. Daneben lenkt er den Blick immer wieder auf vergessene Meisterwerke wie das Violinkonzert von Joseph Joachim, für das er sich erfolgreich stark gemacht hat, und versucht, gehaltvolle neue Werke wie das von ihm im Jahre 2013 uraufgeführte Violinkonzert von Jörg Widmann im Repertoire zu etablieren – er pflegt ein ungewöhnlich breites Repertoire und gibt rund 100 Konzerte pro Jahr.
Was den 1966 in Hamburg geborenen und inzwischen mit seiner Familie in Berlin lebenden Musiker so einzigartig macht, sind – neben seinem großen geigerischen Können – vor allem drei Dinge: Er nimmt den Notentext wörtlich, er versteht Musik als Sprache, und er liest die großen Werke als Erzählungen, die existenzielle Einsichten spiegeln. Was hier ganz selbstverständlich klingt, ist im Konzertalltag ein eher ungewöhnlicher Ansatz.
Wenn Christian Tetzlaff den Notentext so tief wie möglich zu erfüllen versucht – ohne Rücksicht auf die „Aufführungstradition“ und ohne sich die oft üblichen geigentechnischen Erleichterungen zu gönnen –, dann zeigen sich die altbekannten großen Werke oft in neuer Klarheit und Schärfe. Als Geiger versucht Tetzlaff hinter dem Werk zu verschwinden – und das macht seine Interpretationen paradoxerweise sehr individuell.
Zum Zweiten „spricht“ Christian Tetzlaff mit seiner Geige, sein Spiel umfasst, wie die menschliche Sprache, eine große Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten und ist nicht allein auf Wohlklang und virtuosen Glanz ausgerichtet.
Vor allem aber versteht er die Meisterwerke als Geschichten, die von zentralen Erfahrungen handeln. In ihrer Musik haben die Komponisten intensivste Gefühle, höchstes Glück und tiefste Krisen verarbeitet, und so begibt sich auch Christian Tetzlaff als Musiker in diese Grenzbereiche der Emotionen und der musikalischen Gestaltung. In vielen Stücken geht es um nichts Geringeres als um Leben und Tod. Das dem Publikum zu vermitteln, ist Christian Tetzlaffs Ziel.
Bezeichnenderweise hat Tetzlaff viele Jahre in Jugendorchestern gespielt, in Uwe-Martin Haiberg an der Musikhochschule Lübeck hatte er einen Lehrer, für den die musikalische Interpretation der Schlüssel zur Geigentechnik war – nicht umgekehrt.
Bereits 1994 gründete Christian Tetzlaff sein eigenes Streichquartett, und bis heute liegt ihm die Kammermusik ebenso am Herzen wie seine Arbeit als Solist mit und ohne Orchester. Jedes Jahr unternimmt er mit dem Tetzlaff Quartett mindestens eine ausgedehnte Tournee, in der Saison 2019/2020 unter anderem in die Alte Oper Frankfurt, die Elbphilharmonie Hamburg, Philharmonie Berlin, Palais des Beaux Arts Bruxelles und Wigmore Hall London.
Das Tetzlaff Quartett wurde 2015 mit dem Diapason d’or ausgezeichnet; das Trio mit seiner Schwester Tanja Tetzlaff und dem Pianisten Lars Vogt wurde für den Grammy nominiert.
Für seine CD-Aufnahmen hat Christian Tetzlaff zahlreiche Preise erhalten, zuletzt den Jahrespreis der Deutschen Schallplattenkritik 2018, den Diapason d’or im Juli 2018 und den Midem Classical Award in 2017. Mit Spannung wird im Herbst 2019 bei Ondine die neue Einspielung der Violinkonzerte von Beethoven und Sibelius mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter Robin Ticciati erwartet.
Ein besonderes Anliegen sind ihm seit jeher die Solo-Sonaten und Partiten von Bach, deren Aufnahmen er 2017 zum dritten Mal veröffentlichte. The Strad Magazin lobte diese Aufnahme als „aufmerksame und lebendige Antwort auf die Schönheiten der Bach‘schen Solowerke“.
Christian Tetzlaff spielt eine Geige des deutschen Geigenbauers Peter Greiner und unterrichtet regelmäßig an der Kronberg Academy.