Die Unvollendeten

Gemeinsam mit 200 Jugendlichen aus 12 Hamburger Schulen sowie 12 Musiker:innen unserer Akademie wollen wir im Juli 2023 ein TONALi Festival realisieren mit der Überschrift „Die Unvollendeten“: Dahinter stecken sieben Konzertproduktionen, die dem Publikum einen Raum für künstlerische Entfaltung bieten.

Fakten

Projekt
Die Unvollendeten

Projektzeitraum

Jan – August 2023

Projekt-Träger
TONALi gGmbH, Kleiner Kielort 8, 20144 Hamburg, tonali.de 

Künstlerische Leitung
Cymin Samawatie, Ketan Bhatti

Orchester
TONALi Orchester 

Dirigent
Aurel Dawidiuk (TONALi19-Gewinner)  

Mitwirkende
12 TONALi Akademist:innen
200 Jugendliche aus 12 Schulen 
diverse Stadtbewohner:innen 

Reichweite
rd. 10.000 Kinder und Jugendliche in Hamburg 

Programm
30 Min // F. Schubert, Sinfonie in h-Moll, „Unvollendete“ / Teil 1 oder ggf. auch Teil 2
30 Min // Ko-Kreativer Publikumspart / Teil 1 oder ggf. auch Teil 2

Projekt

Erste klassische Konzerte, die den Mut zur Utopie fördern, die die Grenzen zwischen Kunstschaffenden und dem Publikum verwischen, die sie hinterfragen und dem Publikum einen Raum zur künstlerischen Entfaltung ihres Potenzials anbieten, werden bereits erprobt. Wir beteiligen uns an der Forschung, die das Konzert ganzheitlich und nach dem Dreischritt „Kunst, Kontext, Teilhabe“ neu denkt, um den Wandel des Konzertes aktiv mitzugestalten. Als vielfach ausgezeichnete Kultur- und Bildungsinstitution ist es dabei unser Ziel, alle Kunst mit gesellschaftlichem Engagement zu verbinden und die Gesellschaft zu inspirieren, sich zu öffnen für künstlerischen Mut und aktive Teilhabe.

Gemeinsam mit 200 Jugendlichen aus 12 Hamburger Schulen sowie 12 Musiker:innen unserer Akademie wollen wir im Juli 2023 ein TONALi Festival realisieren mit der Überschrift „Die Unvollendeten“: Dahinter stecken sieben Konzertproduktionen, die dem Publikum einen Raum für künstlerische Entfaltung bieten. Denn wir sehen in der künstlerischen Beteiligung des Publikums (der Gesellschaft) ein großes Potenzial: Durch voraussetzungslose Teilhabe entsteht Identifikation, durch Identifikation vergrößert sich das Publikum, durch das Interesse an Kultur verstärkt sich der gesellschaftliche Zusammenhalt – und wir alle gewinnen an Freiheit.

Neben der Neuverhandlung des künstlerischen Qualitätsbegriffes und der Relevanz künstlerischer Expertisen im geöffneten Konzert ist es vor allem auch die Akzeptanz der Förderpartner und des zukünftigen Publikums, die wir uns erst noch erarbeiten müssen.

Von der geöffneten Bühne zur kulturellen Akzeptanz

Für zeitgemäße Konzerte werden ko-kreative Prozesse, auf Teilhabe setzende Räume sowie experimentierfreudige, auch digital unterstützte Konzepte zur Voraussetzung. Für uns sind sie darüber hinaus aber auch wichtige Bausteine, um uns als TONALi Akademie weiterzuentwickeln.

So ermöglicht uns das praxisorientierte Forschen – z.B. im Kontext des Projektes „Die Unvollendeten“ – unsere Expertisen zu erweitern, um unsere gesellschaftsorientierten Impulse noch mehr Menschen zugänglich zu machen und flexibler auf ihre Bedürfnisse einzugehen.

 
Damit dieser Ansatz in Zukunft weiteren Einzug in das regionale und überregionale Kulturleben findet, sind enge Partnerschaften besonders wichtig: Im Rahmen des Netzwerkes „tuned“ für zeitgenössische Klassik (gefördert von der Kulturstiftung des Bundes) arbeiten wir u.a. an diesen Fragen und deren Umsetzbarkeit. Und wir bei TONALi kümmern uns darum, das geöffnete Konzert zu einem attraktiven Faktor für das Kultur- und Musikleben von morgen zu machen. Die Konzertproduktion „Die Unvollendeten“ ist dabei unser Pilot, um die Grundlagen für die Entwicklung und Prüfung von kreativen Potenzialentfaltungsräumen entlang eines ganzheitlichen, den Menschen fokussierenden Kulturlebens zu schaffen. 

Weil wir bei der Konzertproduktion „Die Unvollendeten“ von einer völlig neuen Denk- und Handlungsweise ausgehen, können wir uns nicht vollständig auf bestehende Erfahrungswerte verlassen. Eine Besonderheit des Pilotprojektes ist deshalb die frühe Zusammenführung von Konzertforschung, Konzertdesign und Education-Arbeit. Sie ermöglicht es uns, die Produktion „Die Unvollendeten“ unter Realbedingungen in einem sicheren, systematischen Rahmen zu erproben. Den offiziellen Start machen wir mit unserem Festival in Hamburg: Im Juli 2023 umfasst das Festival sechs Konzerte in sechs unterschiedlichen Stadtteilen sowie ein Abschlusskonzert im Großen Saal der Elbphilharmonie, das vom NDR begleitet werden wird.

 
Unter den komplexen Bedingungen unterschiedlicher Veranstaltungsorte und mit vielen Herausforderungen, die durch divers zusammengesetzte Teilnehmer:innen-Gruppen auf uns zukommen, bietet die Produktion ideale Voraussetzungen für die produktive Weiterentwicklung. In Ergänzung zum etablierten Kulturbetrieb können die „geöffneten Konzerte“ auf das Publikum bzw. die Gesellschaft sowie den Kulturbetrieb als solchen stimulierend wirken.

Um die sieben Konzertproduktionen im Festival vorzubereiten, um den Scheinwerfer auf den Zwischenbereich des geöffneten Konzertes zu richten, um ein Beispiel zu geben, das wir in einer gemeinsam zu gestaltenden Welt so nötig haben, wurden bereits Tandems aus 12 Musiker:innen der TONALi Akademie und 12 weiterführenden Hamburger Schulen begründet. Bis Juli 2023 folgen diverse Planungsworkshops, von den Tandems entwickelte Stadtteil-Projekte sowie Proben des TONALi Orchesters, das Franz Schuberts 7. Sinfonie, „Die Unvollendete“, in sieben geöffneten Konzerten in sieben Hamburger Stadtteilen zur Aufführung bringen wird.

Von Anfang bis Ende konsequent partizipativ

Damit das geöffnete Konzert erfolgreich sein kann, braucht es nicht nur die Bereitschaft der Kunstschaffenden, die Bühne risikobereit mit dem (jungen) Publikum zu teilen, sondern auch den Mut und die Zukunftslust des Publikums, den neu gestifteten Raum zur künstlerischen Entfaltung aktiv zu nutzen.

Bei TONALi beschäftigen wir uns mit der Frage, welche Relevanz westeuropäische klassische Musik, die hunderte Jahre alt ist, heute hat? Nur in der aktiven Interaktion zwischen dem bestehenden Werk und der heutigen und vielfältigen Gesellschaft kann diese Frage beantwortet werden.

Dabei geht es nicht nur darum, Vertrauen für das geöffnete Konzert aufzubauen. Damit die Gesellschaft insgesamt zu mehr künstlerischem Mut und künstlerischem Tun inspiriert werden kann, damit aus Konzerten Anregungsarenen werden, muss das geöffnete Konzert auch mit allen Situationen umgehen können, für welche bisher insbesondere die künstlerischen Expert:innen bzw. die Kunstschaffenden zuständig waren. 

Entspricht die künstlerische Ausdruckswillig- und fähigkeit des Publikums dem Anspruch einer professionellen Bühne? Gefährdet kollaborative Kunst das Prinzip künstlerischer Autor:innenschaft? Was passiert, wenn das Prinzip „Dialog“ das bis dato meist „Frontale“ künstlerischer Produktionen ersetzt? Aber auch neue Vorbereitungsprozesse, Beteiligungsprinzipien, Haltungen und Vertrauensmomente muss das geöffnete Konzert genauso meistern wie die Frage, ob sich das Konzert- und Kulturleben dadurch nachhaltig entwickeln lässt. Mit unserer aktuellen Kompetenz wissen wir bereits, worauf es bei diesen Herausforderungen ankommt. Nur so können wir unsere gemeinnützige Kultur- und Bildungsinitiative TONALi auf allen Ebenen weiterentwickeln, um das Kulturleben von morgen, im Verbund mit zahlreichen Mitstreiter:innen, auf ein ganz neues Level zu heben.

Mittendrin statt nur dabei

Kulturelle Teilhabe ist ein Grundbedürfnis. Und gleichzeitig immer etwas, das wir als Kulturakteure als Herausforderung erleben. Wir bei TONALi verstehen uns als Teil eines Netzwerkes, dass sich der Erforschung und der Transformation des Konzertes stellt. Gesellschaftlich, wissenschaftlich – und kollaborativ. 

Mit Konzertexperimenten, die Wissen schaffen … 

Neue Konzertansätze sind kulturelle, aber vor allem auch soziale Innovationen. Wir bei TONALi sehen uns daher in der Verantwortung, auch ihre vielschichtigen Effekte auf die Kunstschaffenden, die Ausbildungsinstitutionen und Veranstaltungsorte zu erforschen.

Die eigens für die Untersuchung entwickelte Konzertproduktion „Die Unvollendeten“ soll dazu die Partizipationswillig- und fähigkeit einer breiten Hamburger Bevölkerung abbilden und in seinem Ergebnis deutlich zeigen, dass eine wie hier beschriebene Zusammenarbeit von Kunstschaffenden und einem partizipativ beteiligten Publikum den Konzertwandel entscheidend vorantreiben kann. Eine wesentliche Voraussetzung ist dabei die wechselseitig sich professionalisierende Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen, die Entwicklung kulturpädagogischer Konzepte sowie eine professionelle Moderation, welche die Prozesse durchgängig begleitet und etwaige kuratorische Funktionen übernimmt. Die anfängliche Sorge, dass das geöffnete Konzert die Qualität professioneller Kunstausübung schmälern würde, bestätigt der bisherige Projekt- und Forschungsverlauf nicht. Im Gegenteil: Er würde von der Ausweitung und modellhaften Skalierung des Projektes sogar profitieren. 

… und Wissen, das Zukunft gestaltet

Als praxiserprobte Institution kultureller Innovationen bringen wir neben empirischen Erkenntnissen auch eine Expertise im Bereich künstlerisch-sozialer Aktivitäten aus unserer langjährigen Education-Arbeit mit. Indem wir diese internen Kompetenzen und unser Wissen bündeln, gestalten wir die Zukunft eines transkulturellen, sozioökonomisch geprägten Kulturlebens, das einen aktiven Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt leistet, aktiv mit.


Projektbezogene Erfahrungen kombinieren wir dazu mit empirischen Auswertungen und setzen, in enger Zusammenarbeit zum Beispiel mit dem Netzwerk für zeitgenössische Klassik, neueste Erkenntnisse aus speziellen Konzertlaboren und weiteren kulturellen Forschungsprojekten um – z. B. um im intensiven Austausch mit diversen Veranstalter:innen und Kunstschaffenden den relevanten Kulturrahmen der Zukunft zu gestalten, weitere Kenntnisse zu erlangen oder die Einstellung des Publikums zur geöffneten Bühne bzw. den partizipativen Räumen kreativer Potenzialentfaltungen zu verstehen.