November 2023

Fr 10
17.00 TONALi SAAL

in_verse_city

eine begehbare konzertinstallation.

TONALi KonzertLab


des Jahrgangs 12 der TONALi Bühnenakademie:
Zacharias Faßhauer (Kontrabass) – mehr…
Sophia Hegewald (Oboe) – mehr…

Jugendliche der TONALi CREW

Foto: Sophia Hegewald


Programm

ein traum, eine stadt, ein innenleben, außenwirkung. geometrie. leere, ewigkeit. erfüllung, einsamkeit. fremde, déjà vu. fassade: erinnern. vergeben: vergessen. jenseits.
neugier.
hinter der tür:
dein raum. deine stadt.



Idee

in_verse_city ist eine etwa einstündige interaktive Konzertinstallation, die verschiedene Aspekte des Spannungsfeldes zwischen Individuum und Gemeinschaft in städtischem Zusammenleben untersucht. Das Publikum betritt in inverse_city einen stilisierten Stadtraum, in welchem es sich frei bewegen und mit dem Raum interagieren kann. Ein wichtiger Bestandteil des Stücks sind dabei unterschiedliche Sichtachsen, mit denen individuelle Aktionen des Publikums hervorgehoben werden – das Publikum beobachtet sich gegenseitig und wird so selbst zu Akteur*innen des Bühnenraums. Dabei folgt die Konzertinstallation einer festen Dramaturgie, ausgeführt durch die beiden auftretenden Musiker*innen. Immer wieder wird dabei das Publikum auch vor Problemsituationen gestellt, die eine Interaktion mit dem Raum herausfordern.

Mit In_verse_city wollen wir den Blick für die Gemeinschaft, die in großdimensionalen Lebensräumen besteht, schärfen. Oft ist die Stadt bloß Mittel zum Zweck, die Interaktion mit ihr geschieht in der Regel nur bei Wegen zwischen Wohn-, Arbeits- und Konsumraum. Mitmenschen sind dabei bestenfalls irrelevant, Begegnungen oft lästig oder unangenehm. Dabei verschwimmen Nähe und Distanz, sowie Privatsphäre und öffffentlicher Raum miteinander. Man hat nichts mit den Menschen zu tun, die unangenehm dicht gedrängt im Fahrstuhl neben einem stehen, bekommt aber durch laute Telefonate einen Ausschnitt ihrer intimsten Gedanken mit. Auch das Gruppengefühl der Stadtbewohner*innen ändert sich ständig – Wann werde ich unfreiwillig Teil einer Gruppe, wann entscheide ich mich bewusst dafür – und inwiefern wird dadurch meine Bereitschaft zu Handeln beeinflusst?

Uns war es wichtig eine Form der Interaktion zu finden, die Sinn macht und nicht erzwungen ist, in einem Raum, in dem jede Person selbst entscheiden kann welche Rolle sie in der Installation einnehmen möchte. Will man als stiller Beobachter am Rand sitzen, oder aktiv in das Stück eingreifen. Erfordert eine Aktion Mut, oder stellt einzelne doch besonders hervor, so ist die Erfahrung der interagierenden Person lohnend, bei allen anderen versuchen wir sogenannte „FOMO – Fear of Missing Out“ herzustellen.

Die oben genannten Fragen werden durch das aktive Erleben in der Perofrmance provoziert. Verschiedene Situationen, etwa ein Aufzug, werden angedeutet, bleiben aber in der Interpretation und Bewertung offffen. Uns interessiert dabei vorallem die Frage, was es braucht, um durch Musik, Licht und Raum verschiedene Kontexte zu kreiieren, die Reflektion über das Erleben von Stadt und Gesellschaft hervorrufen.


Umsetzung

Konkret ist in einem dem Publikum vollständig begehbaren Bühnenraum mit durchsichtigen Folien eine Stadtarchitektur mit Räumen, Gängen und Plätzen angedeutet. Durch Seitenlicht schwach beleuchtet entstehen Schattenspiele, die sich im gesamten Raum überlagern. An zwei ebenfalls zugänglichen Positionen im Raum befinden sich die beiden ausübenden Musiker*innen. Beleuchtung und wenige konkrete Bühnenbildelemente erlauben die Deutung und Unterscheidung der architektonischen Strukturen. So hängt zum Beispiel in einer Ecke eine schwache, warme Glühbirne in dem sonst sehr kalt ausgeleuchteten Raum. Mit vier Lautsprechern und weiteren unabhängigen Schallquellen wird auch eine dreidimensionaler Klangwelt geschaffen, die im Kontext der Raumarchitektur eine eigene Zeichenqualität erhält.

Die Musik ist aufgeteilt in eine Art Grundsituation – ein Sounddesign, das auf iridisierenden Drones basiert, und aktivere, komponierte Abschnitte. Selbige untersuchen unterschiedliche Kommunikationsmodi zwischen den beiden Musiker*innen. Darüber hinaus gibt es Solostücke die weitere Assoziationen wecken sollen; wie Anekdoten von ferne, Musik die in der Stadt aus einem Fenster oder einem Café dringt, bieten diese Stücke Anhaltspunkte in der ansonsten eher abstrakten Klangwelt. Die elektronischen Klänge sind eine Mischung aus Fieldrecordings und rein synthetischen Klängen. Die Musik ist fast ausschließlich von Sophia Hegewald und Zacharias Faßhauer komponiert, die Ausnahme bildet eine Barockarie, die als spezielles Stilmittel auftaucht. Die Kombination aus Kontrabass und Oboe bietet dabei ungewöhnliche Klangkombinationen und entzieht sich allzu eindeutigen Genrezuweisungen.


Labor für künstlerisch-soziales Konzertdesign

Dieses Konzert ist ein Projekt im Labor für künstlerisch-soziales Konzertdesign im TONALi SAAL. Die Konzerte der Reihe werden von den Musiker:innen gemeinsam mit den Jugendlichen der TONALi CREW erarbeitet und im Rahmen einer SAAL-Residenz umgesetzt.

Die Konzerte präsentieren einen Zwischen- oder Endstand der Residenzen im TONALi SAAL und geben Einblicke in den Entwicklungsprozess.


Fotos: Sophia Hegewald / TONALi